Die fünf Hindernisse

noch mal die Anmerkung, dass es sie hierbei um meine persönliche Interpretation der Fünf Hindernisse handelt. Man kann sie auch anders interpretieren oder Aspekte anders bewerten.
Ich werde hier etwas überspitzen, um die Bedeutung klar zu machen. Ersteinmal stellen die fünf Hindernisse eine Entfernung von der Realität und vom Jetzt dar. Es kann aber durchaus einen guten und vor allem konkreten Grund dafür geben, sich (nach dem Erkennen) dann bewusst im Hier & Jetzt mit dem Objekt der Aufregung, des Ärgers, etc. zu beschäftigen (oder vielleicht besser mit dem Grund dessen). Es geht nicht darum, sie zu ignorieren oder abzulehnen, denn sie sind natürliche Phänomene und werden immer wieder kommen. Es geht darum, sie zu erkennen, zu akzeptieren, und danach bewusst mit ihnen umzugehen, entsprechend was im Moment sinnvoll ist. (Statt ihnen unbewusst zu erliegen.)

Rastlosigkeit, Aufgeregtheit

Das geistige Verweilen in der Vergangenheit oder Zukunft statt sich mit dem Jetzt zu beschäftigen: Du denkst noch an das, was dir dein Freund eben gesagt hat. Du erinnerst dich gerade an den Beginn der Corona-Pandemie. Du blickst dem Wochenende aufgeregt entgegen. Du machst dir darüber Sorgen, dass deine Großeltern krank werden. Du stellst dir vor, wie du am Strand liegst, am blauen Meer. Du hoffst, dass sie in den Nachrichten mal endlich was Anderes bringen. Du erwartest, dass Meditation alle deine Probleme löst. Du blickst ungeduldig auf die Seitenzahl oder das Handy.

Das alles ist nicht dein Jetzt. Vergangenheit und Zukunft sind Illusionen, sie sind nicht real. Die Vergangenheit ist schon vorbei, sie war einmal. Die Zukunft wird einmal sein und ist (per Definition) nicht im Jetzt. Vorstellungen und Hoffnungen beinhalten ausgedachte Geschichten. Ganz viele Sorgen, Ängste sind nur Bullshit im Kopf. Erwartungen sind reine Vorstellung über etwas, das noch gar nicht passiert ist. Der Verstand ist rastlos, sucht nach Sicherheit und Kontrolle über Dinge, die außerhalb seiner Reichweite liegen.

Ärger, Übelwollen, Ablehnung

Ein Widerwille, ein Widerstand der Realität gegenüber. Nichts Anderes ist Ärger. Du ärgerst dich, dass du den Zug verpasst hast? Das bedeutet gewissermaßen, dass du lieber in einer Alternativwelt wärst, in der du den Zug rechtzeitig bekommen hättest. In dieser Realität befindest du dich aber nicht. „Wärst … hättest …“ In deiner Welt hast du den Zug verpasst, das ist so. Und das Sich-drüber-ärgern ändert erstmal gar nichts daran.

Jede Form von Trotz oder Unwille, auch Ablehnung, Übelwollen oder Hass Personen oder Dingen gegenüber bringen dich aus deiner Realität in eine TRAUMWELT. Wie viel Sinn macht es, darauf Gedanken zu verwenden? Wach auf, Träumer! Befreie dich aus den klebrigen Fängen deiner honigsüßen Möchte-gern-Welt und blicke der kalten Realität ins Auge. Du kannst deine Geschichten ja in einem Buch festhalten, oder ihnen anderweitig Ausdruck verleihen und die Missstände der Welt aktiv anpacken.

Gier, Verlangen, Sinnenlust

Es ist ein „Greifen“. Das Wollen nach Mehr. Mehr als nötig oder angesagt oder gesund. Ich denke dabei ab und zu an Gollum, der nach seinem Schatz giert. Vollkommen von ihm eingenommen ist und sich von ihm verführen lassen hat. Seine Gedanken können nicht mehr von ihm loslassen.

Alle Fünf Hindernisse haben oft einen Sog, aber die Gier ist besonders verführerisch. Es ist die Lust, noch ein zweites, drittes, viertes Stück Kuchen oder die ganze Tafel Schokolade zu essen. 15−30% des GESAMTEN Internettraffics − Pornografie − bedienen das sexuelle Verlangen. (Und da ein Bildschirm ja nicht reicht, am besten gleich zwei mit mehreren Videos gleichzeitig laufen lassen.) Infinite-Scroll und reißerische Clickbait-Überschriften locken die Neugier, der du unbewusst erliegst … Nur um nach einer Viertelstunde (oder auch -stunden) gewissermaßen aufzuwachen, und dich zu fragen, wo das Jetzt geblieben ist. Aber auch simplere, oft irrelevante Eindrücke sind „interessant“: Welches Auto ist gerade um die Ecke gefahren? Was ist das für ein unregelmäßiges Muster an der Wand? Worüber redet der Sitznachbar gerade am Handy?

Zweifel, Misstrauen

Hab ich die Tür jetzt zugemacht oder nicht? Soll ich noch eine Scheibe Brot nehmen? Das schaffen die bestimmt nicht. Ich schaffe das bestimmt nicht. Bin ich genug? Funktioniert das überhaupt? Was heißt diese Abkürzung jetzt? Finde ich noch mehr Beispiele oder nicht?

Der Zweifel − aka „Schrödingers Katze“ − ist nichts Ganzes und nichts Halbes. Du bist dir nicht sicher über einen Sachverhalt und verharrst in einem Schwebezustand über der Realität. Sprich sie an, oder lass es bleiben. Schlag die Abkürzung nach oder lebe ohne die Bedeutung. Iss noch eine Scheibe, oder eben nicht.
Misstrauen und Zweifel können viral sein, sich immer weiter ausbreiten, sei es auf sich selbst gerichtet oder auf andere, und auch auf sie überspringen. Und es paralysiert. Du lernst schon das ganze Semester, aber bist dir auf einmal nicht mehr sicher, ob du überhaupt etwas gelernt hast. Aufgrund einer kleinen Unstimmigkeit oder eines Fehlers zweifelst du an deiner ganzen Fähigkeit oder an der von jemand anderes. Hat das alles einen Sinn?

Mattheit, Stumpfheit

Es dämmert … du gähnst ein Mal … dir ist langweilig geworden. Es wird langsam trübe, unklar … die Dinge gehen ineinander über … du gähnst noch einmal und wirst ganz trääge. Faulheit überkommt dich und der Geist wird immer stumpfer … Manchmal ist die Müdigkeit auch schlagartig da. Oder du hast sie nicht kommen sehen.

Wie Nebel trübt dieses Hindernis die klare Sicht der Dinge. Oft schleicht es sich langsam an. Es wird zunehmend schwierig einen klaren Gedanken zu fassen. Du kannst dich nicht mehr konzentrieren oder wirst der Aufgabe, dem Objekt der Konzentration apathisch gegenüber. Du willst etwas Anderes machen, oder vielleicht gleich schlafen gehen.

Nun ja. Gegen dieses Hindernis gibt es wahrscheinlich weniger eindeutig etwas zu tun. Wenn du müde bist (körperlich), kannst du schlafen gehen. Wenn das nicht geht, oder bei Langeweile oder Faulheit, musst du da durch. Tapfer durchwaten, durchstapfen. Schritt für Schritt, mit Blick nur auf den jeweils nächsten, bis sich die Sicht wieder lichtet. Das Wissen über einen matten Zustand kann aber schon nützlich sein. Gegebenfalls kannst du von einer geistig fordernden Tätigkeit auf eine einfachere wechseln (und umgekehrt).

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